#5 Libri de Avibus. Von Goldregenpfeifern und Pelikanen
28. September 2023, 19 Uhr
VOGELGESPRÄCH #5 Libri de Avibus. Von Goldregenpfeifern und Pelikanen
Edith Kapeller im Gespräch mit Martin Haltrich (Stiftsbibliothek Klosterneuburg)
Mittelalterliche Bestiarien – also Tierdichtungen – verbinden Naturwissenschaft mit christlicher Heilsgeschichte. Die Eigenschaften der Tiere werden erläutert und in Hinblick auf Christus, den Teufel oder auf den Menschen ausgedeutet. Im frühchristlichen Physiologus etwa reißt sich die Pelikanmutter selbst die Brust auf und erweckt mit ihrem Blut nach drei Tagen ihre Jungen wieder zum Leben – so wie Christus durch sein Opfer und seine Auferstehung am dritten Tag die Menschenkinder erlöst hat. Diese Sammlung kleiner Tiergeschichten wurde im Mittelalter in viele Volkssprachen übersetzt und war weit verbreitet. In den Vogelgesprächen werden die symbolischen Erzählungen aus dem Physiologus und dem mit ihm in Verbindung stehenden Werk „Liber de avibus“ (Buch über die Vögel) von Hugo de Folieto aus dem 12. Jahrhundert besprochen. In Erfahrung gebracht werden unter anderem die Eigenschaften, die den Goldregenpfeifer berühmt machen, warum der Adler für die Himmelfahrt Christi steht oder dass der Wiedehopf familienbewusst seine alten Eltern pflegt. Edith Kapeller spricht mit Martin Haltrich vom Stift Klosterneuburg.
Edith Kapeller ist Germanistin an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und als Bibliothekarin im Stift Klosterneuburg zuständig für etwa 300.000 Bücher, darunter 1.250 mittelalterliche Handschriften.
Martin Haltrich ist Historiker, Tiefenpsychologe und Leiter der Forschungsstelle für Kulturwissenschaftliche Studien des Stiftes Klosterneuburg.
Photos: Jakob Lindner