MUSIC : LOST&FOUND - OUTDOOR EXILE

 
 

Lost & Found: OUTDOOR EXILE

A music series curated by Renald Deppe


Samstag, den 20.06. 2022 16:00Uhr

Victoria Pfeil: Saxophone

Paul Schuberth: Akkordeon


Samstag, den 27.06. 2022 16:00Uhr

Judith Ferstl: Kontrabass

Helene Glüxam: Kontrabass

Beate Wiesinger: Kontrabass 


Samstag, den 04.07. 2022 16:00Uhr 

Kleztorsion-Trio

Christopher Haritzer: Klarinette

Aron Hollinger: Gitarre

Tobias Pöcksteiner: Kontrabass


Samstag, den 11.07. 2022 16:00Uhr

Susanna Gartmayer: Bassklarinette
Thomas Berghammer: Trompete
Jakob Gnigler: Tenorsaxophon



Am Anfang war das Wort :

• Wir brauchen aber die Bücher, die auf uns wirken wie ein Unglück, das uns sehr schmerzt, wie der Tod eines, den wir lieber hatten als uns, wie wenn wir in Wälder verstoßen würden, von allen Menschen weg, wie ein Selbstmord, ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. Das glaube ich.

Franz Kafka

(Brief an Oscar Pollak, 27. Januar 1904)

• Wir brauchen KulturministerInnen, die (nicht nur) auf auf das Bundeskanzleramt wirken wie ein Unglück, die z.B. den Bundeskanzler, den Sport- & Finanzminister schmerzen, wie als wenn wir sie in Wälder verstoßen würden, von allen Pressekonferenzen weit entfernt…

KulturministerInnen, KulturstadträtInnen, KulturpolitikerInnen müssen die Axt sein für das gefrorene Meer in & um & unter & über uns. Das glaube ich.

Renald Deppe

(Flaschenpost zur Situation der in & an & für Österreich arbeitenden Kulturschaffenden = SystemErhalterInnen, Juni 2020) 




SAMSTAG den 20.06. 16:00 Uhr

Victoria Pfeil: Saxophone 

Paul Schuberth: Akkordeon

»Victoria Pfeil (*1994) und Paul Schuberth (*1994) können auf knapp 20 Jahre gemeinsame musikalische Arbeit zurückblicken - und bilden so das (mutmaßlich) längstdienende Jazzduo Österreichs... Selbst im beschaulichen Dietach bei Steyr, in dem die beiden aufwuchsen, waren sie vor den Einflüssen der großen, weiten Welt nicht sicher. Diese Unsicherheit im besten Sinne ist es auch, die die beiden in ihrem Programm ohne Scham einen kritischen Folksong neben eine atonale Improvisation, einen Jazzstandard neben ein rumänisches Traditional stellen lässt. Ihre Musik konnten sie bisher, meist im Bunde mit ihrem Trio-Kollegen Johannes Münzner (dann als "trio akk:zent"), in Österreich, Deutschland, Schweiz, Bosnien und Herzegowina, Italien, Usbekistan, Ungarn präsentieren. Vier gemeinsame CD-Produktionen sind bis jetzt entstanden, zuletzt "Hommage À Cliché" mit u.a. Bratko Bibič, Tomáš Novák und Jelena Popržan.

Sollten Sie aber an Ranglisten Interesse finden, könnte der Pressetext auch so lauten: Heute Nachmittag spielen für sie eine Musikerin und ein Musiker, die es beide jeweils auf Platz 9 der Jahrescharts der Falter-Musikredaktion schafften - noch dazu in unterschiedlichen Rubriken: Jazz (Pfeil), Klassik (Schuberth). 2 mal Platz 9? Freuen Sie sich heute also auf die Darbietung von insgesamt Platz 18!« 

Als der Autor dieser Zeilen den wertgeschätzten Paul Schuberth um ein Krongarten-Projekt bat kam sein wunderbarer Vorschlag und sein wunderbarer Pressetext. 

Ansonsten:

Immer wieder gibt es hoch Erfreuliches: z.B. Talente, welche sich von keiner (musik)universitären „Talentevernichtungsanstalt“ (Thomas Bernhard) zerstören lassen. 

Das ist besonders erstaunlich: wenn zum Beispiel diese besagten Talente auch politisch engagiert Haltung & Meinung beziehen, den Mut zu einer konstruktiv-kritischen Widerständigkeit aufbringen. 

Was nichts anderes bedeutet: als verantwortlich handelnde Mutbürger bezüglich eines oftmals unverantwortlich agierenden Staates couragiert Stellung zu beziehen.

Paul Schuberth (& Viktoria Pfeil) zählen zu solchen Talenten.

(Talent: laut DUDEN: »Geistesanlage, hohe Begabung«: Das seit dem 16. Jh. bezeugte Substantiv beruht auf einer gelehrten Entlehnung aus griech. "tálaton" »Waage; das Gewogene«)

Paul Schuberth (& Viktoria Pfeil), beide sind/waren Studenten der oftmals so angepasst agierenden AntonBrucknerPrivatUniversität Linz, wiegen wohltuend unangepasst Gesagtes, Geschriebenes, Verkündetes, Verschwiegenes, Gelehrtes, Törichtes, Gelebtes, Erträumtes, Gehörtes, Gesehenes, Privates, Politisches, Eigenes, Fremdes sorg- & achtsam ab.

Und gestalten somit (nicht nur musikalisch) jene so dringend benötigten Frei- & Denkräume.

Nicht „Anpassen“ : sondern „Aufpassen“ ist angesagt. Alles klar…? Herzlich Willkommen!

(Renald Deppe)


SAMSTAG den 27.06. 16:00 Uhr

Judith Ferstl: Kontrabass

Helene Glüxam: Kontrabass

Beate Wiesinger: Kontrabass 

• »Ich werde Skizzen, Bausteine und Ideen-Anregungen komponieren/vorbereiten. Also Denk-Anstöße und Inspiration, der Fokus liegt darauf dieses wunderbare Instrument zu erkunden! Also teilweise komponiert & viel Freiheit für Improvisation.« Das schrieb Judith Ferstl über die Premiere ihres neuen Projektes.

Ansonsten:

»Viele imitieren ihr ganzes Leben immer wieder ihre eigene Art von Wiederholung, viele imitieren ihr ganzes Leben immer wieder irgend jemand anderen oder die Art von Wiederholung von irgendeiner anderen Art von Männern und Frauen, irgendeine Art von Sein, die sie nicht in sich haben.«

Gertrude Stein: »The Making of Americans«

Judith Ferstl braucht niemanden zu imitieren.

(Das betrifft natürlich auch ihre wunderbaren Kontra.BassKollegInnen!)

Die junge österreichische Musikerin fand schon sehr früh ihren eigenen künstlerischen Weg: Als überaus versierte Bassistin, stiloffene Komponistin, verantwortet handelnde Bandleaderin/Veranstalterin und nicht zuletzt als stets hilfsbereite Kollegin überzeugte/beeindruckte Judith Ferstl Land & Leute, Publikum & Künstler durch ihre erfrischend positive Spontanität, ihren konstruktiven Umgang mit musikalischen Freiräumen wie ihrem phantasievollem Spiel innerhalb strenger künstlerischer Ordnungssysteme.

Judith Ferstl lebt ein Berufsbild der Zukunft: Eigenverantwortlich, vielseitig interessiert & (aus)gebildet ist die junge Dame oftmals ihr eigener Arbeitgeber wie Arbeitnehmer, ist erfolg- und folgenreiche Kulturvermittlerin & Kulturermöglicherin in eigenen Angelegenheiten.

Judith Ferstl verkörpert ein »Sein«, welches sie zutiefst verinnerlicht hat. 

Auch wenn sie daran arbeitet, dieses »Eigene« durch die offene vorurteilslose Begegnung mit dem Fremden stets zu bewahren, zu erweitern und zu bereichern.

Besonders Letzteres ist selten geworden: Chapeau!

Nicht „Anpassen“ : sondern „Aufpassen“ ist angesagt. Alles klar…? Herzlich Willkommen!

(Renald Deppe)


SAMSTAG, den 04.07. 16:00Uhr 

Kleztorsion-Trio

Christopher Haritzer – Klarinette

Aron Hollinger – Gitarre

Tobias Pöcksteiner – Kontrabass

• »Im Kleztorsion-Trio finden sich Instrumentalisten aus Scheibbs, Wasserburg und Großkirchheim, deren Wurzelwerke sich im Wald des Klezmer verflechten. Das Trio spielt

und singt streychfähige und tanzbarente Lieder, die vor dem Raunzen zuversichtlich jauchzen lassen.« 

So die Kurzbescheibung des famosen Kleztorsion-Trios vom Bandleader Christopher Haritzer.

Ansonsten:

Musiker ordnen und gestalten Zeit, Klänge und Abläufe.

Und manchmal werden auch (berufliche) Lebensläufe geordnet und gestaltet.

Der junge Klarinettist und Komponist Christopher Haritzer ist ein virtuoser Meister in der Neuordnung scheinbar gewohnter Traditionen, Abläufe und Formen. 

In der Musik.

In der Kunst.

In der Kultur.

In den privaten und öffentlichen Lebenswelten.

Christopher Haritzer ist somit als Künstler und Vollmensch ein (selten anzutreffendes) „Gesamtkunstwerk“.

Dieser stets interdisziplinär denkende, fühlende, arbeitende, vernetzende und komponierende Klarinettenvirtuose bereichert seine Mit- und Umwelt durch einen sensiblen Umgang mit den Nöten, Bedürfnissen, Träumen, Vor- & Enttäuschungen, An- & Überforderungen seiner Zeit- & Leidgenossen.

Eine verantwortete Wahrnehmung von Geschichte und Gegenwart prägt sein ungemein auf- & erregendes Kunstschaffen, welches fest in den (nicht nur musikalischen) Traditionen seiner Heimat wurzelt.

Aber nicht nur das Eigene: auch die Begegnung mit dem „Fremden“ ist ihm ein Anliegen.         

„Tradition bedeutet nicht das Sammeln von Asche, sondern das Weitergeben einer Flamme.“

Silvius Magnago

In diesem Sinne ist Christopher Haritzer ein liebevoller, diskursiver, irritierender, um- und versorgender, provokanter, charmanter, einfühlsam radikaler: folglich ein dringend benötigter „Brandstifter“.

Als langjährig Lehrender u.a. an der Anton Bruckner Universität & an der MDW wäre der Verfasser dieser Zeilen glücklich und dankbar, wenn uns solch dynamische „Gesamtkunstwerke“ wie Christopher Haritzer öfter/häufiger/ständig begegnen würden.

(Das betrifft natürlich auch seine junddynamischen KleztorsionKollegen!)

Nicht „Anpassen“ : sondern „Aufpassen“ ist angesagt. Alles klar…? Herzlich Willkommen!

(Renald Deppe)


Samstag, den 11.07. 16:00Uhr

Susanna Gartmayer: Bassklarinette
Thomas Berghammer: Trompete
Jakob Gnigler: Tenorsaxophon

Solo-, Duo- & Trio-Improvisationen

• »Musik ist die Sprache der Emotionen. Wenn jemand der Realität entflieht, erwarte ich nicht, dass er meine Musik begreift, und ich würde anfangen, mir Sorgen um meine Stücke zu machen, wenn eine solche Person auf sie stehen würde. 

Meine Musik ist lebendig, und sie handelt von den Lebenden und den Toten, von Gut und Böse. 

Sie ist wütend, aber es ist echt: weil sie reflektiert, dass sie wütend ist.«

Charles Mingus

(Offener Brief an Miles Davis, 1955)

Nicht nur 1955 gab es viele Gründe wütend und zornig zu sein.

Und bestimmt nicht nur 2020 gibt es viele Gründe wütend und zornig zu sein.

Unsere jüngste Vergangenheit & Gegenwart braucht jedoch weniger Wutbürger (die es aus durchaus verständlichen Gründen gibt) als Mutbüger.

Eine reflektierte Wut als subjektiven Kontrapunkt mutig gegenüber allen selbstreferenziellen politischen, ökonomischen, gesellschaftlichen & ästhetischen Interessen & Positionen zu formulieren: das ist u.a. auch Anliegen/Aufgabe der Künstler.

Jakob Gnigler ist Künstler.

Als ein solcher ist er gewohnt gegen den Strom zu schwimmen.

Als ein solcher versucht er stets echt: authentisch zu agieren.

Als ein solcher versucht er nicht der Realität zu entfliehen.

Sondern sich dieser zu stellen: als Künstler: als Zeit- & Leidgenosse.

Dazu braucht es Mut.

Zusammen mit seinen formidablen KrongartengenossInnen werden die Klänge/Geräusche Mutiges berichten: 

von den Lebenden & den Toten, von Gut & Böse, 

von Kurz- & Teilzeiten, von Strachel- & Stachelbeeren, 

von Härte-, Not- & Durchfallhilfen. Zum Beispiel. 

Nicht „Anpassen“ : sondern „Aufpassen“ ist angesagt. Alles klar…? Herzlich Willkommen!

(Renald Deppe)





Es gibt keine Lösung, weil es kein Problem gibt.

Marcel Duchamp

°

Es gibt ein Problem, weil es eine Lösung gibt.

Renald Deppe

 
krongartenArt hinterlnd